Gutachter und die “ärztliche Schweigepflicht”

Die Sache ist eigent­lich ziem­lich klar: Auch ein ärzt­li­cher Gutachter/Sachverständige hat über die ihm im Rah­men der Tätig­keit als Gut­ach­ter bekannt gewor­de­nen zum per­sön­li­chen Lebens­be­reich gehö­ren­den Geheim­nis­se Still­schwei­gen zu wah­ren (§ 203 StGB). Bei einer Ver­let­zung sol­cher Pri­vat­ge­heim­nis­se droht gem. § 203 Abs. 1 StGB Frei­heits­stra­fe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Ein beson­ders erstaun­li­cher Fall ist mir nun im Bereich des Betreu­ungs­rechts begeg­net. Der Sach­ver­stän­di­ge, ein Arzt mit Erfah­rung auf dem Gebiet der Psych­ia­trie, wur­de vom Betreu­ungs­ge­richt bestellt. Es ging um die Fra­ge, ob die medi­zi­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen zur Erwei­te­rung der Betreu­ung um die Ver­mö­gens­sor­ge mit Ein­wil­li­gungs­vor­be­halt vorliegen.

Nahe­zu zeit­gleich ermit­tel­te die Staats­an­walt­schaft Ham­burg in einem Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen mei­nen Betreu­ten. Auch in die­sem Ver­fah­ren bestell­te man — wie selbst­ver­ständ­lich — den sel­ben ärzt­li­chen Gut­ach­ter mit dem Auf­trag zu klä­ren, ob der Betrof­fe­ne gem. §§ 20, 21 StGB schuld­fä­hig ist. Eine (ver­min­der­te) Schuld­fä­hig­keit hat häu­fig den nega­ti­ven Bei­geschmack, dass die Staats­an­walt­schaft — auch bei klei­ne­ren Delik­ten — die Not­wen­dig­keit der Unter­brin­gung in einem foren­si­schen Kran­ken­haus prüft.

Der Sach­ver­stän­di­ge rief mich nun an, um mit mir über den aktu­el­len Lebens­sach­ver­halt mei­nes Betreu­ten zu spre­chen. Zu die­sem Zeit­punkt wuss­te ich nichts von dem staats­an­walt­schaft­li­chen Ermitt­lungs­ver­fah­ren und durf­te davon aus­ge­hen, dass der Anruf auf­grund des Auf­tra­ges des Betreu­ungs­ge­richts erfolgt. Inso­weit berich­te­te ich dem Sach­ver­stän­di­gen auch von einer erneu­ten Straf­tat, von der mein Betreu­ter sei­ner Fach­kraft der ambu­lan­ten Sozi­al­psych­ia­trie berich­tet haben soll. Erst am Ende des Tele­fon­ge­sprächs erwähn­te der Sach­ver­stän­di­ge nun­mehr, eigent­lich wegen eines Auf­tra­ges der Staats­an­walt­schaft ange­ru­fen zu haben, so dass ich nach Rück­spra­che mit dem Betreu­ungs­ge­richt ein Schrei­ben an den Sach­ver­stän­di­gen ver­fass­te, in dem ich dar­auf hin­wies, dass die Infor­ma­tio­nen aus dem Tele­fon­ge­spräch nicht für die Staats­an­walt­schaft bestimmt waren und aus mei­ner Sicht auch eine mas­si­ve Inter­es­sen­kol­li­si­on besteht. Der Sach­ver­stän­di­ge ließ sich davon wenig beein­dru­cken und ver­wen­de­te für sein Gut­ach­ten im Ermitt­lungs­ver­fah­ren nicht nur sämt­li­che Infor­ma­tio­nen, die ihm zuvor aus den Akten des Betreu­ungs­ge­richts bekannt gewor­den waren, son­dern klär­te die Staats­an­walt­schaft auch über sämt­li­che Inhal­te unse­res Tele­fon­ge­sprächs mit der Fol­ge auf, dass die Staats­an­walt­schaft mich nun über die Poli­zei als Zeu­gen ver­neh­men las­sen will.

Ich habe für mei­nen Betreu­ten bei der Staats­an­walt­schaft inzwi­schen Straf­an­trag gestellt und auch eine berufs­recht­li­che Beschwer­de an die zustän­di­ge Ärz­te­kam­mer gerichtet.

Keine Fixierung in der Forensik nach § 1906 BGB

Ist ein Betrof­fe­ner, für den ein Betreu­er bestellt ist, auf der Grund­la­ge des § 126a StPO in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus des Maß­re­gel­voll­zu­ges unter­ge­bracht, so kommt auch bei mas­si­ver Eigen­ge­fähr­dung eine Fixe­rung des Betrof­fe­nen unter Anwen­dung der Vor­schrif­ten der §§ 1906 Abs. 1 und Abs. 4 BGB nicht in Betracht, da der Betrof­fe­ne sich sodann nicht in einer Unter­brin­gung i.S.d. § 1906 BGB befin­det, son­dern in einer öffent­lich-recht­li­chen Unter­brin­gung, für die allein die Vor­schrif­ten des ein­schlä­gi­gen Voll­zugs­ge­set­zes her­an­zu­zie­hen sind.

Dies ergibt sich aus einem Beschluss des Land­ge­richts Ham­burg vom 20.11.2019 im Ver­fah­ren 301 T 395/19, mit dem ein Beschluss des Amts­ge­richts Ham­burg vom 28.10.2019 auf­ge­ho­ben wor­den ist, mit dem das Amts­ge­richt die zeit­wei­se oder regel­mä­ßig erfol­gen­de Frei­heits­ent­zie­hung des Betrof­fe­nen durch Fixie­rung der Extre­mi­tä­ten geneh­migt hat­te. Für den Betrof­fe­nen, der unter einer kom­bi­nier­ten Per­sön­lich­keits­stö­rung mit dis­so­zia­len und emo­tio­nal-insta­bi­len Antei­len lei­det, war ich im unmit­tel­ba­ren Anschluss an eine mehr­jäh­ri­ge Haft­stra­fe bestellt wor­den, hat­te ihn trotz dem Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des § 1906 Abs. 1 BGB aber nicht geschlos­sen unter­brin­gen kön­nen, weil im Anschluss an die Haft­stra­fe eine Unter­brin­gung in der Foren­sik durch einst­wei­li­gen Unter­brin­gungs­be­schluss erfolgt war.

Das Land­ge­richt stützt sich hier­bei auf eine Ent­schei­dung des BGH vom 28.07.2015 (Az. XII ZB 44/15), nach der frei­heits­ent­zie­hen­de Maß­nah­men nach § 1906 Abs. 4 BGB, zu denen auch eine über die Unter­brin­gung hin­aus­ge­hen­de Fixie­rung zählt, nur in Betracht kom­men wür­den, wenn sich der Betrof­fe­ne in einer offe­nen Ein­rich­tung befin­de oder nach § 1906 Abs. 1 BGB bereits unter­ge­bracht sei.

Befangenheit der Rechtspflegerin

Es fing rela­tiv harm­los an. In einer Betreu­ungs­sa­che war ich im Früh­jahr 2019 zum Betreu­er mit dem Auf­ga­ben­kreis der Gesund­heits­für­sor­ge ein­schließ­lich hier­mit ver­bun­de­ner Auf­ent­halts­be­stim­mung bestellt wor­den. Der Betrof­fe­nen selbst ging es nach einer kurz­zei­ti­gen sta­tio­nä­ren Behand­lung in der geschlos­se­nen Psych­ia­trie und einer vom Betreu­ungs­ge­richt gem. § 1906 a BGB geneh­mig­ten Zwangs­be­hand­lung mit anti­psy­cho­ti­scher Medi­ka­ti­on schnell wie­der bes­ser, so dass sie in das häus­li­che Umfeld ent­las­sen wer­den konnte.

Nach pflicht­ge­mä­ßer Über­sen­dung des Erst­be­rich­tes traf bei mir das Schrei­ben einer Rechts­pfle­ge­rin ein, mit dem sie mich zu mei­nem Erstau­nen um Mit­tei­lung bat, wenn ich vom Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht Gebrauch machen wür­de. In einem kur­zen Ant­wort-Schrei­ben teil­te ich der Rechts­pfle­ge­rin mit, dass mich die­ser gericht­li­che Hin­weis irri­tie­re, da das Gericht im Ver­fah­ren gem. § 1906 BGB ohne­hin zu betei­li­gen sei und ein sol­ches Ver­fah­ren dem Rich­ter zuge­wie­sen ist. Hin­ter­grund ist, dass die Unter­brin­gung eines Betrof­fe­nen in der geschlos­se­nen Abtei­lung eines Kran­ken­hau­ses nach § 1906 Abs. 2 BGB nur mit der Geneh­mi­gung des Betreu­ungs­ge­richts zuläs­sig ist. Eine Aus­nah­me gilt nach § 1906 Abs. 2 Satz 2 BGB nur dann, wenn mit einem Auf­schub Gefahr ver­bun­den ist. Aber auch dann hat der Betreu­er die Geneh­mi­gung unver­züg­lich nachzuholen.

Die­ser kur­ze Hin­weis führ­te nun zu fol­gen­der Reak­ti­on der Rechtspflegerin:

Man muss dazu wis­sen, dass es schon aus rechts­ge­schicht­li­chen Grün­den in kei­nem Fall “übli­chen Gepflo­gen­hei­ten” ent­spricht, Gruß­for­meln bei Schrift­sät­zen an das Gericht zu ver­wen­den. Dies dient u.a. einer sach­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung in der Sache, in der in der Regel vom “Betrof­fe­nen”, vom “Betreu­er” oder vom “Gericht” gespro­chen wird. Ich begin­ne daher alle Schrift­sät­ze ein­lei­tend mit einem “In dem Betreu­ungs­ver­fah­ren…” und ver­zich­te in die­sem Zusam­men­hang auf Anre­den und Gruß­for­meln. Die ein­zi­ge Aus­nah­me stel­len E‑Mails an Richter/innen oder Rechtspfleger/innen dar, in denen es zumeist aber nur um die kur­ze Abspra­che von orga­ni­sa­to­ri­schen Belan­gen wie der Ter­mi­nie­rung von Anhö­run­gen geht. Ein sol­ches Vor­ge­hen ist weder unüb­lich, noch unhöflich.

Die Rechts­pfle­ge­rin lehn­te ich auf­grund der von ihr gewähl­ten Wort­wahl, mit der sie mir zudem unter­stell­te, mei­ne Ein­ga­ben sei­en unan­ge­mes­sen, unsach­lich und recht­lich unfun­diert erfolgt, nun­mehr mit einem Schrift­satz vom 19.07.2019 wegen der Besorg­nis der Befan­gen­heit ab. Auch wenn Befan­gen­heits­an­trä­ge im Betreu­ungs­recht die Aus­nah­me dar­stel­len, sind Gerichts­per­so­nen im glei­chem Maße wie in jedem ande­ren gericht­li­chen Ver­fah­ren zur Unpar­tei­lich­keit ver­pflich­tet. Zu sol­chen Gerichts­per­so­nen zäh­len auch Rechtspfleger.

Das Amts­ge­richt wies mein Ableh­nungs­ge­such sodann mit Beschluss vom 06.09.2019 zurück und argu­men­tier­te im Wesent­li­chen damit, es han­de­le sich um unter­schied­li­che Sicht­wei­sen, die eine Besorg­nis der Befan­gen­heit nicht begrün­den könnten.

Mei­ne dage­gen gerich­te­te sofor­ti­ge Beschwer­de hat­te in der Sache nun­mehr Erfolg. Das Land­ge­richt Ham­burg hob im Ver­fah­ren 325 T 69/19 am 30.09.2019 den Beschluss des Amts­ge­richts vom 06.09.2019 auf und erklär­te das Ableh­nungs­ge­such für begrün­det. Es führ­te hier­zu ins­be­son­de­re aus, dass die abge­lehn­te Rechts­pfle­ge­rin mit ihrem Schrei­ben mei­ne Ein­ga­be als eine Kri­tik in unan­ge­mes­se­ner Form und ohne sach­li­che und recht­li­che Fun­die­rung bewer­tet habe und zudem aus­drück­lich erklärt habe, dass ihr das Schrei­ben miss­fal­le, so dass sie das für Gerichts­per­so­nen bestehen­de Sach­lich­keits­ge­bot miss­ach­tet habe. Die gesam­te Ent­schei­dung kann hier nach­ge­le­sen werden.

Die Ent­schei­dung des Land­ge­richts zeigt erfreu­li­cher Wei­se, dass Betreu­er als Betei­lig­te im Betreu­ungs­ver­fah­ren nicht schutz­los der Will­kür von Gerichts­per­so­nen aus­ge­lie­fert sind, son­dern Gerichts­per­so­nen — wie in ande­ren gericht­li­chen Ver­fah­ren — auch wegen der Besorg­nis der Befan­gen­heit abge­lehnt wer­den können.

An die­ser Stel­le soll dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass sol­che Befan­gen­heits­an­trä­ge bei Gerich­ten, in deren Ver­fah­ren ich als Berufs­be­treu­er betei­ligt bin, wei­ter­hin die abso­lu­te Aus­nah­me blei­ben wer­den. In der Regel erfolgt die Zusam­men­ar­beit mit Richter/innen und Rechtspfleger/innen näm­lich abso­lut vor­bild­lich und ohne jeden Grund zur Beanstandung.

Unschuldsvermutung auch für Betreute

Zu den Grund­prin­zi­pi­en des Straf­ver­fah­rens gehört die Unschulds­ver­mu­tung, die aus dem Rechts­staats­prin­zip folgt. Das bedeu­tet, dass für Ver­däch­ti­ge oder Beschul­dig­te solan­ge die Ver­mu­tung der Unschuld gilt, bis die Schuld in einem rechts­staat­li­chen Ver­fah­ren fest­ge­stellt wor­den ist.

Dass die Unschulds­ver­mu­tung selbst­ver­ständ­lich auch für Men­schen gilt, für die ein recht­li­cher Betreu­er bestellt wor­den ist, scheint zumin­dest bei der Ham­bur­ger Poli­zei­be­hör­de nicht zu jedem Poli­zei­be­am­ten durch­ge­drun­gen zu sein.

Mein Betreu­ter ist Autist und hat es mit der Zunei­gung zu einer ehe­ma­li­gen Leh­re­rin sei­ner För­der­schu­le zu gut gemeint. So gut, dass er sich ihr Gesicht auf sei­nen Unter­arm täto­wie­ren ließ und regel­mä­ßig Lie­bes­bot­schaf­ten ver­fass­te, so dass die Schu­le kur­ze Zeit spä­ter von ihrem Haus­recht Gebrauch mach­te und ein Haus­ver­bot aus­sprach. Der Ver­stoß gegen ein sol­ches Haus­ver­bot kann theo­re­tisch den Straf­tat­be­stand des § 123 StGB (Haus­frie­dens­bruch) erfüllen.

In einer E‑Mail vom 27.09.2019 teilt mir ein Poli­zei­be­am­ter der Ham­bur­ger Poli­zei­be­hör­de nun mit, dass mein Betreu­ter gegen das Haus­ver­bot ver­sto­ßen habe. Dies habe jeden­falls die Schu­le in einer E‑Mail mit­ge­teilt. Er sei um 14.50 Uhr auf dem Schul­ge­län­de gese­hen wor­den, wes­halb nun eine Straf­an­zei­ge vor­lie­ge. Wegen eines durch die Poli­zei zusätz­lich aus­ge­spro­che­nen Auf­ent­halts­ver­bo­tes sol­le er fer­ner nun ein Zwangs­geld in Höhe von 50 € zahlen.

Mei­ne Ant­wort mit dem Hin­weis, dass die Unschulds­ver­mu­tung auch für Men­schen, für die ein recht­li­cher Betreu­er bestellt wor­den ist, gilt, fiel wahr­schein­lich nicht so aus, wie man sich das bei der Poli­zei erhofft hat­te. Beru­higt bin ich übri­gens schon ein­mal, dass nur eine Straf­an­zei­ge und kein Straf­an­trag vor­liegt. Beim Haus­frie­dens­bruch han­delt es sich näm­lich um ein Delikt, das nur auf Antrag ver­folgt wird (§ 123 Abs. 2 StGB). Eine blo­ße Straf­an­zei­ge reicht dafür nicht aus.

Mein Betreu­ter sagt übri­gens, dass er das Schul­ge­län­de sei­ner ehe­ma­li­gen Schu­le nicht betre­ten hat.

Mitwirkung des Betreuungsgerichts beim Verbraucherinsolvenzverfahren

Nach einem Beschluss der Zivil­kam­mer 30 des LG Ham­burg im Ver­fah­ren 330 T 14/19 vom 08.03.2019 darf das Insol­venz­ge­richt bei einem durch den Betreu­er mit dem Auf­ga­ben­kreis der Ver­mö­gens­sor­ge gestell­ten Antrag auf Eröff­nung des Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­rens die betreu­ungs­ge­richt­li­che Geneh­mi­gung von Schul­den­be­rei­ni­gungs­plan und Abtre­tungs­er­klä­rung for­dern, so dass bei nicht erfolg­ter Vor­la­ge die Rück­nah­me­fik­ti­on des § 305 Abs. 3 InsO ein­tre­ten kann.

Und das war pas­siert: Ich hat­te für mei­nen Betreu­ten, der krank­heits­be­dingt auf Dau­er in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus unter­ge­bracht ist, den Antrag auf Eröff­nung des Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­ren gestellt. Gegen­stand die­ses Antra­ges waren auch ein Schul­den­be­rei­ni­gungs­plan in Form eines fle­xi­blen Null­plans sowie eine ent­spre­chen­de Abtretungserklärung.

Nach der Antrag­stel­lung hat­te sich das Insol­venz­ge­richt auf den Stand­punkt gestellt, dass der Schul­den­be­rei­ni­gungs­plan trotz des Null­plans als Pro­zess­ver­gleich anzu­se­hen sei, so dass er der Geneh­mi­gungs­pflicht des § 1822 BGB unter­lie­ge. Das Betreu­ungs­ge­richt ver­wehr­te mir zugleich die betreu­ungs­ge­richt­li­che Geneh­mi­gung mit der Begrün­dung, es kön­ne ledig­lich ein tat­säch­lich geschlos­se­ner Ver­gleich geneh­migt wer­den. Hier feh­le es bereits im Lich­te eines Null­plans an einem Geneh­mi­gungs­be­dürf­nis. Spä­ter for­der­te das Insol­venz­ge­richt auch noch eine betreu­ungs­ge­richt­li­che Geneh­mi­gung für die Abtre­tungs­er­klä­rung und ließ inso­weit die Rück­nah­me­fik­ti­on des § 305 Abs. 3 InsO eintreten.

Ich hat­te die Ansicht des Betreu­ungs­ge­richts geteilt und in ana­lo­ger Anwen­dung des § 34 InsO (außer­or­dent­li­che) sofor­ti­ge Beschwer­de gegen die Fest­stel­lung der Rück­nah­me­fik­ti­on nach § 305 Abs. 3 InsO durch das Insol­venz­ge­richt ein­ge­legt. Die­se Beschwer­de blieb ohne Erfolg. Das LG argu­men­tier­te ins­be­son­de­re damit, dass die Abtre­tungs­er­klä­rung wegen ihrer Aus­wir­kun­gen auf den Betreu­ten zum Schutz sei­nes Ver­mö­gens der Geneh­mi­gung durch das Betreu­ungs­ge­richt bedür­fe. Ob Glei­ches für den Schul­den­be­rei­ni­gungs­plan gel­te, wur­de vom LG im Beschluss vom 08.03.2019 nicht wei­ter erörtert.

Da die Rechts­be­schwer­de nicht zuge­las­sen wur­de, ist der Beschluss vom 08.03.2019 rechts­kräf­tig. Zumin­dest für die Abtre­tungs­er­klä­rung als Bestand­teil des Antra­ges auf Eröff­nung des Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­rens bedeu­tet dies nun­mehr, dass in der Regel die Mit­wir­kung des Betreu­ungs­ge­rich­tes erfor­der­lich sein dürf­te. Jeden­falls dann, wenn der Betreu­te nicht sel­ber in der Lage ist, die ent­spre­chen­den Erklä­run­gen zu unterschreiben.

Die Sozialgerichtsbarkeit

Als Berufs­be­treu­er hat man fast so häu­fig wie mit dem Betreu­ungs­ge­richt mit den Gerich­ten der Sozi­al­ge­richts­bar­keit zu tun. In knapp 1,5 Jah­ren bli­cke ich auch auf zahl­rei­che Ver­fah­ren zurück, die ich für Betreu­te vor dem Sozi­al- oder Lan­des­so­zi­al­ge­richt geführt habe. In ers­ter Linie ging es hier um Anträ­ge auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung, weil sich das Job­cen­ter für Leis­tun­gen nach dem SGB II und der ört­li­che Trä­ger der Sozi­al­hil­fe für Leis­tun­gen nach dem SGB XII jeweils für unzu­stän­dig erklärt hat­ten. Hier taucht immer wie­der die Streit­fra­ge auf, ob Erwerbs­fä­hig­keit i.S.d. § 8 SGB II besteht — dann wäre das Job­cen­ter für die Leis­tun­gen zustän­dig. Die Leid­tra­gen­den die­ses Dilem­mas sind sodann immer die betrof­fe­nen Menschen.

“SEK überwältigt psychisch kranken Mann in Hummelsbüttel”

Zu den unschö­nen Auf­ga­ben eines Betreu­ers mit dem Auf­ga­ben­kreis der Auf­ent­halts­be­stim­mung gehört es auch, einen psy­chisch kran­ken Men­schen zur Abwen­dung eines dro­hen­den erheb­li­chen gesund­heit­li­chen Scha­dens — wie es der Gesetz­ge­ber in § 1906 Abs. 1 BGB for­mu­liert hat — frei­heits­ent­zie­hend in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus unter­zu­brin­gen. Eine sol­che geschlos­se­ne Unter­brin­gung erfor­dert wegen der Schwe­re des damit ver­bun­de­nen Grund­rechts­ein­griffs nach § 1906 Abs. 2 BGB die Geneh­mi­gung durch das Betreu­ungs­ge­richt. Das Gericht ord­net in die­sem Zusam­men­hang regel­mä­ßig auch die Zufüh­rung zur Unter­brin­gung an. Nach § 326 Abs. 2 FamFG darf die Behör­de Gewalt nur anwen­den, wenn das Gericht dies aus­drück­lich ange­ord­net hat. Sie ist sodann nach § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB befugt, erfor­der­li­chen­falls die Unter­stüt­zung der poli­zei­li­chen Voll­zugs­or­ga­ne nachzusuchen.

Wie eine sol­che Zufüh­rung eska­lie­ren kann, kann man einem Bericht im Ham­bur­ger Abend­blatt vom 13.08.2018 hier ent­neh­men. Mein Betreu­ter galt als gewalt­be­reit und hat­te auch schon eini­ge Zeit in einem foren­si­schen Kran­ken­haus gelebt. Kein Wun­der inso­weit, dass die Mit­ar­bei­ter des zen­tra­len Zufüh­rungs­diens­tes, der in Ham­burg beim Bezirks­amt Alto­na spe­zi­ell für die Zufüh­rung von psy­chisch kran­ken Men­schen ein­ge­rich­tet wur­de, die Poli­zei um Unter­stüt­zung baten. Was dann pas­sier­te, hat­te aber nichts mehr mit dem Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit zu tun. Im Gesetz zum Schutz der öffent­li­chen Sicher­heit und Ord­nung (SOG) heißt es im § 4 Abs. 1 nach Landesrecht:

Eine Maß­nah­me muss zur Gefah­ren­ab­wehr geeig­net sein. Sie ist auch geeig­net, wenn sie die Gefahr nur ver­min­dert oder vor­über­ge­hend abwehrt. Sie darf gegen die­sel­be Per­son wie­der­holt werden. 

In § 4 Abs. 2 SOG heißt es sodann:

Kom­men für die Gefah­ren­ab­wehr im Ein­zel­fall meh­re­re Maß­nah­men in Betracht, so ist nach pflicht­ge­mä­ßem Ermes­sen die­je­ni­ge Maß­nah­me zu tref­fen, die den Ein­zel­nen und die All­ge­mein­heit am wenigs­ten belas­tet. Bleibt eine Maß­nah­me wir­kungs­los, so darf in den Gren­zen der Absät­ze 1 bis 3 eine stär­ker belas­ten­de Maß­nah­me getrof­fen werden.

Die prak­ti­sche Umset­zung die­ses Grund­sat­zes der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit sah nun­mehr so aus, dass die Poli­zei mit einem aus meh­re­ren schwer bewaff­ne­ten Poli­zis­ten bestehen­den Son­der­ein­satz­kom­man­do die Woh­nungs­tür mei­nes Betreu­ten auf­brach und die­sen — im Wohn­zim­mer auf dem Sofa schla­fend — mit einem nach Anga­ben des Betrof­fe­nen meh­re­re Minu­ten andau­ern­den Hun­de­biss in den Ober­schen­kel über­rasch­te, um ihn sodann am gan­zen Kör­per fixiert auf einer Ret­tungs­tra­ge in den Ret­tungs­wa­gen trans­por­tie­ren zu las­sen. Der Betreu­te hat­te sich — ent­ge­gen dem Bericht im Ham­bur­ger Abend­blatt — zu kei­nem Zeit­punkt gegen sei­ne Zufüh­rung “gewehrt”, son­dern war viel­mehr schla­fend auf dem Sofa ange­trof­fen wor­den. Auch ließ sich der Ein­satz­lei­ter vor Ort von mir nicht von mil­de­ren Mit­teln über­zeu­gen und erklär­te, dass die Wahl der Maß­nah­men in sei­nem Ermes­sen liege. 

Eine Maß­nah­me, die aus mei­ner Sicht und mit Blick auf das Lan­des­recht unver­hält­nis­mä­ßig und inso­weit rechts­wid­rig war. Von einem Ver­stoß gegen höher­ran­gi­ges Recht ganz zu schwei­gen. Aber dar­über woll­te die Pres­se offen­sicht­lich nicht berichten.

Zusammenarbeit mit dem Betreuungsgericht

Eine enge und ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit mit dem Betreu­ungs­ge­richt, d.h. Betreu­ungs­rich­te­rin­nen und Betreu­ungs­rich­tern, Rechts­pfle­ge­rin­nen und Rechts­pfle­gern sowie Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Geschäfts­stel­le, ist im Betreu­ungs­recht uner­läss­lich. Zugleich wer­den aber auch beim Betreu­ungs­ge­richt Ver­fah­ren geführt, in denen es dar­um geht, über Rechts­po­si­tio­nen im Sin­ne eines rechts­staat­li­chen Ver­fah­rens zu strei­ten. Mit­un­ter ist es dann sinn­voll, den Grund­satz der Sach­lich­keit zu wah­ren. Dass dies nicht immer funk­tio­niert, zeigt zu mei­nem Erschre­cken eine Mei­nungs­ver­schie­den­heit mit einer Rechtspflegerin.

Wor­um ging es?

Ist der Betreu­er für den Auf­ga­ben­kreis der Ver­mö­gens­sor­ge bestellt, ist er zur Rech­nungs­le­gung über die Ver­wal­tung des Ver­mö­gens gem. §§ 1840 ff. BGB ver­pflich­tet. Pro­ble­ma­tisch ist dies ins­be­son­de­re dann, wenn der Betreu­te im Grun­de nur selbst über das Kon­to ver­fügt und dem Betreu­er mit­hin gar kei­ne Bele­ge für die Rech­nungs­le­gung zur Ver­fü­gung ste­hen. Nach der herr­schen­den Rechts­mei­nung ent­fällt in die­sem Fall die Rech­nungs­le­gungs­pflicht für den Betreu­er. Hier­zu kann ins­be­son­de­re auf fol­gen­de Recht­spre­chung ver­wie­sen werden:

Im Rah­men des Auf­ga­ben­krei­ses “Ver­mö­gens­sor­ge” hat der Betreu­er nur über sei­ne Ver­mö­gens­ver­wal­tung Rech­nung zu legen. Über das von dem Betrof­fe­nen selbst ver­wal­te­te Ver­mö­gen und über die von ihm per­sön­lich geführ­ten Kon­ten und die hier­auf ent­fal­len­den Geld­be­we­gun­gen hat der Betreu­er nicht abzu­rech­nen. Solan­ge kei­ne Zwei­fel bestehen, dass die Betreu­te über ihr Giro­kon­to eigen­stän­dig ver­fügt, ent­fällt jede Rech­nungs­le­gungs­pflicht des Betreu­ers. Im übri­gen wäre auch dann, wenn Anhalts­punk­te vor­lie­gen, die eine Über­prü­fung nahe legen, der Betreu­er nicht zur Ein­ho­lung von Erklä­run­gen der Betrof­fe­nen ver­pflich­tet. Viel­mehr wären die ent­spre­chen­den Ermitt­lun­gen von Amts wegen durch das Gericht durch­zu­füh­ren (LG Ber­lin, Beschluss vom 10.01.2013, 87 T 3/13).

Kei­ne Zwangs­geld­fest­set­zung gegen einen Betreu­er, wenn der Betreu­te sich wei­gert, für Eigen­ver­fü­gun­gen sei­nes Kon­tos eine “Selbst­ver­wal­tungs­er­klä­rung” abzu­ge­ben. Dem Betreu­ungs­ge­richt wird anheim­ge­stellt, bei ver­blei­ben­den Zwei­feln an der Selbst­vor­nah­me von Amts wegen wei­te­re Auf­klä­rung zu betrei­ben und ggf. einen Anhö­rungs­ter­min anzu­be­rau­men und die Pro­ble­ma­tik mit dem Betreu­er und dem Betreu­ten zu erör­tern (LG Kon­stanz, Beschluss vom 04.05.2018, C 62 T 36/18).

Die Pflicht zur Rech­nungs­le­gung erstreckt sich auf das gesam­te Ver­mö­gen des Betrof­fe­nen, das der Betreu­er zu ver­wal­ten hat. Mit ande­ren Wor­ten: Der Betreu­er hat im Rah­men des Auf­ga­ben­krei­ses Ver­mö­gens­sor­ge über SEINE Ver­mö­gens­ver­wal­tung Rech­nung zu legen (§§ 1908i Abs. 1 Satz 1 1840 BGB), über das vom Betrof­fe­nen selbst ver­wal­te­te Ver­mö­gen und über die von ihm per­sön­lich geführ­ten Kon­ten und die hier­auf ent­fal­le­nen Geld­be­we­gun­gen jedoch nicht abzu­rech­nen. D.h., solan­ge kei­ne Zwei­fel bestehen, dass ein Betreu­ter über sein Giro­kon­to eigen­stän­dig ver­fügt, ent­fällt die Rech­nungs­le­gungs­pflicht des Betreu­ers (LG Koblenz, Beschluss vom 04.09.2018, 2 T 553/18).

Damit ist alles gesagt, soll­te man den­ken. Vor die­sem Hin­ter­grund bin ich in der Ver­gan­gen­heit so ver­fah­ren, dass ich im Rah­men des Jah­res­be­rich­tes dar­auf hin­ge­wie­sen habe, dass der Betreu­te sein Kon­to aus­schließ­lich selbst ver­wal­tet und kei­ne Ver­fü­gun­gen durch mich als Betreu­er erfolgt sind. Eine regel­mä­ßig bei mir ange­for­der­te zusätz­li­che Bestä­ti­gung mei­ner Erklä­rung durch den Betreu­ten habe ich sodann unter Hin­weis auf die obi­ge Recht­spre­chung ver­wei­gert und die Rechts­pfle­ge­rin oder den Rechts­pfle­ger höf­lichst gebe­ten, die­se Bestä­ti­gung bei Bedarf selbst ein­zu­ho­len. Auf einer Ver­an­stal­tung der Betreu­ungs­be­hör­de ging eine Rechts­pfle­ge­rin dann zu einem ver­ba­len Angriff auf mich über und erklär­te, dass ihr die dies­be­züg­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen mir und ihren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen bekannt sei­en. Den Amts­er­mitt­lungs­grund­satz wol­le sie nicht gegen sich gel­ten las­sen. Viel­mehr sei das Betreu­ungs­ge­richt berech­tigt, mich als Betreu­er anzu­wei­sen, eine ent­spre­chen­de “Selbst­ver­wal­tungs­er­klä­rung” ein­zu­ho­len. Es stellt sich an die­ser Stel­le die Fra­ge, ob die Rechts­pfle­ge­rin über­haupt den Inhalt der o.g. Recht­spre­chung zur Kennt­nis genom­men hat.

Ich ver­wei­ge­re die Ein­ho­lung einer sol­chen “Selbst­ver­wal­tungs­er­klä­rung” oder auch “Ent­las­tungs­er­klä­rung” schon aus dem Grund, dass ich mich als aus mei­ner Sicht ver­ant­wor­tungs­voll arbei­ten­der Betreu­er nicht unter den Gene­ral­ver­dacht einer fal­schen Erklä­rung in Zusam­men­hang mit dem Jah­res­be­richt stel­len las­sen möch­te. Wenn der zustän­di­ge Rechts­pfle­ger an die­ser Erklä­rung irgend­wel­che Zwei­fel hat, dann muss er sich eine Erklä­rung hier­zu vom Betrof­fe­nen selbst beschaf­fen. Das ist eigens die Auf­ga­be der Rechts­pfle­ge­rin oder des Rechts­pfle­gers und nicht die Auf­ga­be des Betreuers.

Die­ser Dis­put schien die betref­fen­de Rechts­pfle­ge­rin nun so auf­ge­sta­chelt zu haben, dass ich in einem ande­ren Betreu­ungs­ver­fah­ren nur kur­ze Zeit spä­ter den gericht­li­chen Hin­weis von ihr erhielt, ich sei nun­mehr auch ver­pflich­tet, den Umzug eines Betreu­ten in einem sepa­ra­ten Schrei­ben mit­zu­tei­len. Erwähnt hat­te ich den mir selbst erst eini­ge Tage zuvor bekannt gewor­de­nen Umzug des Betreu­ten näm­lich aus­führ­lich im Jah­res­be­richt, von dem ich auch davon aus­ge­hen durf­te, dass er vom Gericht gele­sen wird. Auch hier­für fehlt es erneut an einer ent­spre­chen­den Rechts­grund­la­ge. Vie­les wäre viel­leicht dadurch zu errei­chen gewe­sen, dass man es sei­tens der betref­fen­den Rechts­pfle­ge­rin mal mit einer freund­li­chen Bit­te ver­sucht hät­te — Betreu­er sind ja im Nor­mal­fall kei­ne Unmenschen!

Streit mit der Targobank AG

Den meis­ten Berufs­be­treu­ern sind Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Ban­ken nicht unbe­kannt, da Betreu­ungs­ver­fah­ren, die den Auf­ga­ben­kreis der Ver­mö­gens­sor­ge umfas­sen, zusätz­li­che (unbe­zahl­te) Arbeit für die kon­to­füh­ren­den Ban­ken bedeu­ten. Bei eini­gen Ban­ken wie der Ham­bur­ger Spar­kas­se arbei­tet man vor­bild­lich mit Berufs­be­treu­ern zusam­men und geht offen­sicht­lich davon aus, dass man sei­nen Kun­den auch in Kri­sen­si­tua­tio­nen, in denen Men­schen unter Umstän­den auf die Hil­fe und Unter­stüt­zung eines Betreu­ers ange­wie­sen sind, bei­ste­hen soll­te. Anders ist das bei der Tar­go­bank. Dort ver­wei­gert man Betreu­ern im Mul­ti­me­dia-Zeit­al­ter ger­ne mal den Zugang zum Online-Ban­king oder stellt sich rechts­wid­rig auf den Stand­punkt, der Betreu­er müs­se für jede Über­wei­sung mit einem Aus­weis­do­ku­ment und dem Betreu­er­aus­weis per­sön­lich in einer Bank­fi­lia­le vor­spre­chen. Beson­ders per­fi­de ist es aber, wenn man es — jedem Ver­such einer recht­li­chen Beleh­rung zum Trotz — ein­fach igno­riert, dass eine Betreu­ung ohne Ein­wil­li­gungs­vor­be­halt für die Ver­mö­gens­sor­ge schlicht­weg kei­nen Ein­fluss auf die Geschäfts­fä­hig­keit des Betreu­ten hat und einem unter Betreu­ung ste­hen­den Men­schen kurz vor Weih­nach­ten den Zugang zum Giro­kon­to sperrt. 

Ganz ähn­lich sah das auch das Amts­ge­richt Düs­sel­dorf im Ver­fah­ren 48 C 685/18 und erließ auf mei­nen Antrag vom 20.12.2018 noch am sel­ben Tag eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung gegen die Tar­go­bank AG, mit der die­se ver­pflich­tet wur­de, mei­ner Betreu­ten Ver­fü­gun­gen über das auf ihrem Giro­kon­to vor­han­de­ne Gut­ha­ben zu gestatten.

“Im Zweifel für das Leben” mit Ausnahmen

Mit­un­ter kommt es vor, dass man als Berufs­be­treu­er für Men­schen bestellt wird, die nicht ansprech­bar sind und auf­grund schwe­rer Krank­heit durch maschi­nel­le Beatmung am Leben erhal­ten wer­den. Der Betreu­er kommt in die­sen Fäl­len in der Regel nicht am § 1904 BGB vor­bei. In § 1904 Abs. 1 BGB heißt es:

Die Ein­wil­li­gung des Betreu­ers in eine Unter­su­chung des Gesund­heits­zu­stands, eine Heil­be­hand­lung oder einen ärzt­li­chen Ein­griff bedarf der Geneh­mi­gung des Betreu­ungs­ge­richts, wenn die begrün­de­te Gefahr besteht, dass der Betreu­te auf Grund der Maß­nah­me stirbt oder einen schwe­ren und län­ger dau­ern­den gesund­heit­li­chen Scha­den erlei­det. Ohne die Geneh­mi­gung darf die Maß­nah­me nur durch­ge­führt wer­den, wenn mit dem Auf­schub Gefahr ver­bun­den ist. 

Wei­ter­hin heißt es in § 1904 Abs. 2 BGB:

Die Nicht­ein­wil­li­gung oder der Wider­ruf der Ein­wil­li­gung des Betreu­ers in eine Unter­su­chung des Gesund­heits­zu­stands, eine Heil­be­hand­lung oder einen ärzt­li­chen Ein­griff bedarf der Geneh­mi­gung des Betreu­ungs­ge­richts, wenn die Maß­nah­me medi­zi­nisch ange­zeigt ist und die begrün­de­te Gefahr besteht, dass der Betreu­te auf Grund des Unter­blei­bens oder des Abbruchs der Maß­nah­me stirbt oder einen schwe­ren und län­ger dau­ern­den gesund­heit­li­chen Scha­den erleidet. 

Eine Aus­nah­me ent­hält § 1904 Abs. 4 BGB:

Eine Geneh­mi­gung nach den Absät­zen 1 und 2 ist nicht erfor­der­lich, wenn zwi­schen Betreu­er und behan­deln­dem Arzt Ein­ver­neh­men dar­über besteht, dass die Ertei­lung, die Nicht­er­tei­lung oder der Wider­ruf der Ein­wil­li­gung dem nach § 1901 a fest­ge­stell­ten Wil­len des Betreu­ten entspricht.

Nun gibt es Fäl­le, in denen der mut­maß­li­che Wil­len des Betreu­ten nicht fest­ge­stellt wer­den kann, wes­halb die Aus­nah­me­re­ge­lung des § 1904 Abs. 4 BGB aus­schei­det. Liegt kei­ne wirk­sa­me Pati­en­ten­ver­fü­gung vor und kann auch nach Aus­schöp­fen aller Erkennt­nis­se ein mut­maß­li­cher Wil­le des Pati­en­ten nicht fest­ge­stellt wer­den, ist dem Schutz auf Leben und dem objek­ti­ven Wohl des Betreu­ten Vor­rang ein­zu­räu­men (Jur­ge­leit, Betreu­ungs­recht, BGB § 1904 Rn. 67–72, beck-online).

Was in der Theo­rie zunächst ein­fach und nach dem Grund­satz “Im Zwei­fel für das Leben” klingt, stellt die Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten — neben der Aus­ein­an­der­set­zung mit ethi­schen und mora­li­schen Wert­vor­stel­lun­gen — regel­mä­ßig dann noch vor ein Pro­blem, wenn es zusätz­lich um die (medi­zi­ni­sche) Streit­fra­ge geht, ob die Maß­nah­me medi­zi­nisch ange­zeigt ist oder nicht. So gesche­hen in einem Fall, in dem sich ein Betreu­ter von Anfang 70 nach einem Herz­in­farkt mit anschlie­ßen­der Reani­ma­ti­on in dem Zustand eines schwe­ren hypo­xi­schen Hirn­scha­dens befand. Die Ärz­te woll­ten die maschi­nel­le Beatmung ein­stel­len, weil davon aus­zu­ge­hen war, dass sie dem schwer kran­ken Betreu­ten ledig­lich kör­per­li­chen Stress zumu­ten wür­de. Die Fami­lie, die kei­ne Anga­ben zum mut­maß­li­chen Wil­len des Betrof­fe­nen machen konn­te, war dage­gen. Das Betreu­ungs­ge­richt spiel­te den Ball zu den behan­deln­den Ärz­ten zurück und lehn­te sowohl die Geneh­mi­gung der Ein­wil­li­gung als auch die Geneh­mi­gung der Nicht­ein­wil­li­gung in die ärzt­li­che Maß­nah­me mit der Begrün­dung ab, dass die Maß­nah­me — nach Ein­ho­lung eines Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten — schon medi­zi­nisch gar nicht gebo­ten sei.

Sinn und Zweck des § 1904 BGB dürf­te es neben dem Schutz des Betreu­ten auch sein, die ansons­ten allein dem Betreu­er auf­ge­bür­de­te Ent­schei­dung über Leben und Tod in ein rechts­staat­li­ches Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren zu über­füh­ren, in dem sie ins­be­son­de­re die gericht­li­che Legi­ti­ma­ti­on erhält. Wird der Ball also zum behan­deln­den Arzt zurück gespielt, hat die­ser nach der Rechts­auf­fas­sung des Betreu­ungs­ge­richts unter Umstän­den schon vor der Ent­schei­dung von Betreu­er und Betreu­ungs­ge­richt über Leben und Tod im Kon­text streit­ba­rer Grund­satz­fra­gen am Ende des Lebens zu ent­schei­den. Eine Rechts­auf­fas­sung, die man nach dem Wort­laut des § 1904 BGB zwar tei­len muss, die aber auch zu erheb­li­cher Rechts­un­si­cher­heit bei­tra­gen dürfte.